«Wir erleben eine schwierige Phase der Deglobalisierung»
Wir befinden uns gerade in einer schwierigen Deglobalisierungsphase, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Harold James in seiner Reichmuth & Co Lecture No. 24 am 17. Juni 2024 in der vollbesetzten Aula der Universität Zürich.
Dies sei jedoch historisch gesehen Courant Normal. Denn immer wieder sorgten sogenannte Schockmomente dafür, dass sich die Welt in eine andere Richtung bewegt – manchmal hin zur Globalisierung, manchmal weg von der Globalisierung.
Ein früher moderner globaler Schockmoment ereignete sich in den 1840er Jahren in Irland. Die Kartoffelfäule führte wiederholt zu Missernten und zerstörte damit das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung, was zum Tod von über einer Million Menschen führte. Diese Krise zeigt nach James eindringlich, wie wichtig der Handel mit anderen Nationen sein kann, und markiert den Beginn einer ersten Phase der Globalisierung, die bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs anhielt.
Die Deglobalisierung werde meist durch Schockmomente wie Kriege oder Finanzkrisen eingeläutet, sagte James. So habe der Erste Weltkrieg abrupt die Weltwirtschaft zersplittert. Die Kriegswirtschaft förderte die wirtschaftliche Autarkie, um die Abhängigkeiten vom Ausland zu reduzieren. Die Finanzkrise von 1929 verschärfte diese Entwicklung noch, indem sie das Vertrauen in die Kreditvergabe erschütterte und die Kaufkraft der Bürger schrumpfen liess. Durch die fallende Nachfrage sank der internationale Warenverkehr weiter.
Heute zeigten sich alarmierende Parallelen zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, führte James aus. Die Finanzkrise von 2007 liess den Welthandel nachhaltig einbrechen, und der Ukraine-Krieg verschärfte den Trend zur globalen Entflechtung zusätzlich. Was dies für die nahe Zukunft bedeute, sei jedoch offen. Denn Schockmomente könnten auf die mittlere Frist immer auch ein Motor der Globalisierung sein. Wenn man es richtig angehe, werde die Welt gestärkt aus der Krise hervorgehen.
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